Iran – Wie alles begann …

Inzwischen ist soviel Zeit ins Land gegangen, dass mich meine Reise in den Iran wahrlich nicht zu einer Exotin macht. Dieses Land wird mittlerweile viel bereist. Wir wissen es nur nicht. Irritierte Reaktionen auf meine Reisepläne waren daher keine Seltenheit. Und auch ich war verunsichert, als ich nach der Lektüre des Buches Couchsurfing im Iran* immens neugierig wurde: Könnte ich es als Frau gefahrlos alleine auf mich nehmen, dieses Land zu erkunden?

Diese Frage richtete ich schließlich an eine liebe Perserin, die ich im Frühjahr 2016 in einem Istanbuler Restaurant kennenlernte. Der Zufall führte uns an nebeneinander liegende Tische. Ihre Antwort war begleitet von einem erfreuten Lächeln: „Ja natürlich! Du solltest nur nicht im Sommer reisen, das ist viel zu heiß, wenn man es nicht gewohnt ist. Zumal du ein Kopftuch tragen musst. Aber mach dir keine Sorgen, das darf gerne locker sitzen. Sei versichert, dass dich der Iran mit viel Gastfreundschaft empfängt. Du brauchst gar keine Angst zu haben!“ Bevor unser kurzes Kennenlernen endete, tauschten wir Kontaktdaten aus und sie erbot sich, mir nur all zu gern behilflich zu sein, falls ich den Iran bereisen wollte.

Zwischen uns entstand in Folge ein Schriftwechsel, der meine Entscheidung eigentlich von ganz alleine entstehen ließ. Es gab nie den Moment, der aussagte: Jetzt machen wir das! Wir taten es einfach. Sie half mir nach Kräften, die nötigen Informationen zusammenzustellen, was für mein Visum nötig wäre und ich begab mich auf die Odyssee der verschwurbelten Bürokratie. Ich brauchte eine Referenz-Nummer aus dem Iran, die mir die Einreise überhaupt erlaubt, erst daraufhin konnte ein Visum erstellt werden, das man im Konsulat beantragt usw. Und so führte ich unzählige Telefonate, füllte etliche Dokumente aus (in denen ich u.a. versicherte, keine terroristischen Pläne zu verfolgen) und hielt schlussendlich das Visum in meinen Händen, als ich zuletzt glücklich aus dem iranischen Konsulat in Hamburg trat. Nun konnte ich meinen Flug buchen!

Und man darf sich wahrlich wundern, wie kostengünstig so ein Flug in den Iran ist. Ich zahlte nicht mal 400 Euro dafür und wurde noch wesentlich komfortabler an mein Ziel gebracht, als man es mitunter von Billig-Airlines auf innereuropäischen Linien gewohnt ist. Es ist wirklich kein Hexenwerk, diese Reise auf sich zu nehmen und – um den Kreis zu meinem Eingangssatz zu schließen – man sollte sich nicht allzu sehr auf die Aussagen jener verlassen, die vor einigen Jahren ihre Erfahrungsberichte zu ihrer Iranreise weitergaben. Denn seither hat sich eine Menge getan.

Ich tauschte mich mit Freunden aus, die vor vielen Jahren dort waren, las Blogs, Reiserichtlinien und Bücher. Und doch empfing mich ein anderer Iran. Noch viel offener und viele „No-Go’s“ von damals gelten heute nicht mehr. Sicherlich kann sich nicht alles von heute auf morgen ändern und natürlich ist es insbesondere als europäische Frau eine gehörige Umstellung, sich an Kleidungsvorschriften und mitunter auch Verhaltenskonventionen zu gewöhnen, aber aus meiner Sicht war das im Vergleich zum Erfahrungswert gar kein Problem. Nicht mal annähernd.

Es mag anderen vielleicht ein Dorn im Auge sein, aber ich vertrete den Standpunkt, dass ich Land und Leute nicht nach ihrem Regime beurteile. Wenn ich mich entschließe, dass meine Neugierde auf ein Land größer ist, als meine Abneigung, mich während meines Aufenthalts dem geltenden Gesetz zu beugen, weiß ich, worauf ich mich einlasse. Und im Iran begegnete ich ausnahmslos Menschen, die ebenso bereit waren, sich auf mich einzulassen, begleitet von Freude über mein Interesse an ihrem Land.

Ich war nicht immer wach genug, auf alles zu achten, was unser Miteinander im täglichen Leben unterscheidet. Aber ich hab nie auch nur im Ansatz einen vorwurfsvollen Blick geerntet. Im Gegenteil. Man übersprang sogar eher den eigenen Schatten mit Leichtigkeit, um mir einen peinlichen Moment zu ersparen, als ich mich ertappte, dass mein Reflex schneller war als mein Denken. Ich hab selten soviel rührende Feinsinnigkeit und Herzlichkeit bei Leuten erlebt, die mich gar nicht kennen und doch ehrlich darum bemüht waren, dass ich mich gut fühle.

Wer den Iran bereist, wird ganz sicher berührt sein von den menschlichen Begegnungen und der unglaublichen Schönheit, die dieses geschichtsträchtige Land der persischen Kultur zu bieten hat.

Dank meiner lieben Elaheh erlebte ich eine aufregend schöne Zeit und möchte gerne ein bisschen davon mit euch teilen.

*Orth, Stephan: Couchsurfing im Iran. Meine Reise hinter verschlossene Türen. München/Berlin 2015.

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