Durch die Wüste nach Esfahan

Mein zweiter Tag in Teheran beginnt wieder mit einem leckeren Frühstück, doch dieses Mal ist Matin der fleißige Elf in der Küche. Elaheh und ich sind viel zu sehr damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen für unseren Fahrt nach Esfahan zu treffen. Ich stehe hilflos vor meinen ganzen Tüchern und gucke betreten auf die rare Auswahl an erlaubten Klamotten, die dazu passen könnten. Diesbezüglich pflege ich ohnehin eine Macke. Es muss alles zusammen passen. Statt eines Schuh-Ticks, könnte ich ewig vor Schals stehen, um auszuwählen, welcher harmoniert. Keiner muss mich aus Schuhläden zerren, aber kurz vor dem Verlassen der Wohnung kann ich noch jeden mit meiner Schal-Wahl in den Wahnsinn treiben. Und dann noch Kopftuchpflicht – als hätte der Iran auf mich gewartet, um mir eine echte Herausforderung zu bieten.

Es ist 11 Uhr auf einen Samstag und die Hauptstraßen Teherans sind mal wieder voll. Sämtliche Leute scheinen sich zum Ausflug aufzumachen. Denn im Iran tickt der Wochenend-Kalender etwas anders. Dort ist der Freitag unser Samstag und entsprechend der Samstag unser Sonntag. Darüber hinaus steht der islamische Feiertag Mevlet im Iran bevor, der Geburtstag des Propheten Mohammed. In diesem Jahr fallen die Feierlichkeiten auf den 12. und 13. Dezember und nicht wenige Perser gönnen sich ein verlängertes Wochenende mit der Familie. Daher dauert es lange, ehe wir überhaupt aus Teheran hinaus kommen. Und das trotz des Umstands, dass einige Straßen für bestimmte Kennzeichen gesperrt sind – mal für gerade, mal für ungerade Ziffernfolgen. Dem Smog wirkt das nicht wirklich merkbar entgegen, auch heute kann ich die Berge im Norden nur schemenhaft im Nebel erkennen.

Als wir Teheran endlich hinter uns gelassen haben, nehmen wir die erste Möglichkeit einer Raststätte wahr, um uns mit kühlen Getränken und Snacks zu versorgen. Ich entdecke etwas unglaublich Leckeres: ein Aloe-Vera-Getränk, in dem tatsächlich echtes Fruchtfleisch enthalten ist. Nachdem ich mal eine Aloe-Vera-Kur gemacht hatte, behielt ich dieses pure Geschmackserlebnis eigentlich in eher negativer Erinnerung. Und obwohl ich mir dessen bewusst bin, dass der zugefügte Zucker vermutlich die Mikroessenz des Gesunden bei Weitem aufhebt, hat diese Limo-Alternative einen neuen Fan in mir gefunden. Auf dem Bild seht ihr übrigens tatsächlich die Heinzelmännchen! Sie begleiteten mich durch meine gesamte Iran-Reise, was einen drolligen Side-Effekt ausmachte. Wie die auf das Armaturenbrett kommen? Ein Freund von Elehahe und Matin arbeitet für die ZDF-Redaktion in Teheran – auch ihn werde ich noch kennenlernen.

Auf unserer Weiterfahrt erwarten uns wunderschöne Wüsten-, Steppen- und Gebirgslandschaften. Wir drehen die Musik auf und genießen die freie Fahrt durch diese unglaubliche Weite. Ich lasse die Bilder einfach mal für sich sprechen.

Zwischendurch halten wir an einer weiteren Raststätte, die fast wie eine Urlaubsanlage aussieht. Hier wird Rosenwasser in jeder nur erdenklichen Geschmacksrichtung verkauft und gleich noch gezeigt, wie es hergestellt wird. Elaheh versucht, für mich nachvollziehbar zu erklären, was die Anlage veranschaulichen soll, aber eigentlich lässt sie uns beide rätselnd zurück. Die Angestellten beäugen uns interessiert und, wie so oft auf meiner Reise, fühle ich mich ein bisschen wie ein exotisches Wesen – mit respektvollem Abstand betrachtet, aber erfreut angelächelt, wenn ich eine zugewandte Regung zeige. Stets folgt die Frage: „Where are you from?“ Und die liebe Erwiderung auf meine Antwort beginnt immer mit einem herzlichen „Welcome!“

Gegen 17 Uhr erreichen wir das Hotel in Esfahan. In unserem Zimmer wird für den gläubigen Gast Koran, Gebetsdecke und ein Hinweis bereit gehalten, in welcher Richtung Mekka liegt. Und auf mich warten erneut übergroße Badelatschen, die ausschließlich für die Benutzung des Badezimmers vorgesehen sind und natürlich spaziere ich mit ihnen mal wieder weiter ins Schlafzimmer. Elaheh lacht sich schlapp, als sie mich darauf aufmerksam macht und ich in Rohrspatz-Schimpfmanier zurück watschle. Meine Konzentration war dabei drauf gegangen, mich zu überwinden, in Latschen zu schlüpfen, die Gott weiß wer schon an den Füßen hatte.

Wir genießen unsere kleine Pause von den Kopftüchern, die wir uns nach dem Betreten des Zimmers als Erstes aufatmend vom Kopf zerren, ehe wir erneut unsere Montur anwerfen. Ein Freund Elahehs wartet in der Lobby, um gemeinsam ein traditionelles persisches Restaurant zu besuchen.

Es ist inzwischen dunkel und lausekalt geworden. Als wir vor die Tür treten habe ich das Gefühl, die Luft beißt mir förmlich ins Gesicht. Generell ist die Luftfeuchtigkeit hier so gering, dass meine ohnehin zur Trockenheit neigende Haut arg am Kämpfen ist. Ich denke dieser Tage nicht selten still bei mir, dass ich mich wohl nicht so schnell wieder über die feuchte Kälte in Hamburg beschweren werde, die einem in die Knochen kriecht. Trotz Kopftuch und an Michelin-Männchen-Kontur erinnernde Schichtenkleidung bibbere ich gehörig, während wir durchs abendliche Esfahan schlendern. Aber das ist schnell vergessen, als das erste Weltkulturerbe dieser Stadt (und sie hat viele) vor mir erstrahlt.

Doch bevor wir diesen wunderschönen Ort weiter erkunden, betreten wir zunächst das Restaurant und ich sollte noch feststellen, dass eine enge Jeans hier spürbare Nachteile mit sich bringt …

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